Antiepileptika Ergänzung

Ergänzung zu meinem Blog vom 20.08.2012

Antiepileptika… Original oder Generika?
Originalmedikament / Re-Import / Nachahmer Medikament / Generika/ Substitution.

 

Vor 4 Jahren (20.06.2012) schrieb ich diesen Blog:


Bei diesen vielen Namen kommt man echt ins Grübeln. Man muss sich das mal vorstellen: 

Wir haben in unserem Land hervorragende Medikamente, sie haben sich bestens bewährt – aber – sie sind zu teuer und für Kassenpatienten oft nicht mehr erschwinglich.  Und deshalb werden billigere Medikamente hergestellt. Das mag für die Pharmaindustrie von Vorteil sein, aber für gut eingestellte  Epileptiker kann es zum Bumerang werden.
Folgende Beschreibungen sind von mir laienhaft beschrieben, aber man kann es zumindest verstehen ohne ein Studium oder fachliche Kenntnisse zu haben:

 

Original-Medikamente sind die Medikamente, die erstmals nach vielen Forschungsstufen auf den Markt kommen. Der Hersteller hat 10 Jahre das Recht, den Verkaufpreis zu bestimmen. Denn die enormen Forschungskosten müssen ja wieder den riesigen Aufwand bezahlt werden.

 

Ein Generikum ist ein Nachahmerprodukt. Es hat zwar denselben Wirkstoff, aber die Zusatzstoffe sind anders. Gesetzlich ist für solche Medikamente eine bestimmte Toleranz vorgeschrieben. Diese ist ist bei 80 % bis 125 % der Bioverfügbarkeit des Originalpräparats und das kann bei Leuten mit Anfallsfreiheit, wieder zu Anfällen führen. Deshalb sollten diese Patienten unbedingt darauf achten, dass sie das Medikament bekommen, mit dem sie anfallsfrei sind.                                        
Die Bioverfügbarkeit ist eine Messgröße für den Anteil eines Wirkstoffes, der unverändert im Blutkreislauf zur Verfügung steht. Sie gibt an, wie schnell und in welchem Umfang der Arzneistoff aufgenommen wird und entsprechend wirkt.   kursiv Quelle: Wikipedia
Generika sind logischerweise  billiger als das Arzneimittel des Originalherstellers, da keine Forschungskosten anfallen und die Entwicklungskosten für ein Generikum sehr gering sind. Sie dürfen nach einer Frist von 10 Jahren von anderen Firmen hergestellt werden Es wurde festgestellt, dass die Preise für generische Medikamente teilweise nur die Hälfte des Originalpräparates betragen. 


Re-Importe sind Originalpräparate, welche zuerst in Deutschland hergestellt und dann zunächst exportiert wurden. Im Ausland werden die Medikamente neu verpackt! Die werden dann wieder importiert und dann zum billigeren Preis verkauft. Das mag vom verkaufstechnischen Management clever sein, aber ich kann’s trotzdem nicht nachvollziehen. In Portugal oder Griechenland kosten diese Medikamente wesentlich weniger als in Deutschland. 


Substitutionen sind Austauscht Präparate.


Rabattverträge mit den Krankenversicherungen!
Bevor der Patient für sein Rezept das benötigte Arzneimittel bekommt, muss der Apotheker nun prüfen, mit welchem Hersteller und über welches Arzneimittel seine Krankenkasse einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. Solche "Rabatt-Arzneimittel" muss der Apotheker seit dem 01.04.2007 bevorzugt abgeben. Ist eben dieses Medikament nicht auf der Rabattliste, darf es nicht verkauft werden. Solche, nicht nachvollziehbare Auswüchse sind mit unheimlich viel Bürokratie verbunden. Ein unnötiger “Wasserkopf“ der Unsummen Geld kostet, ist bei uns durch diese unsinnigen Rabattverträge entstanden.


Medikamentenbestimmungen einer Epilepsieklinik:

„Während Ihres Aufenthaltes stellen wir Ihnen Ihre Medikamente selbstverständlich zur Verfügung. Möglicherweise erhalten Sie ein Präparat mit gleicher Wirkungsweise aber anderem Namen, ein sogenanntes Generikum. Dies beeinträchtigt die Qualität Ihrer Behandlung nicht“. (Name ist dem Verfasser bekannt)

Nachtrag: Die obige Formulierung der Medikamentenvergabe, wurde inzwischen von dieser Klinik anders umschrieben. Dennoch ist die allgemeine Handhabung unverändert.


Bei den Patienten entsteht hier eine große Unsicherheit
Wenn ein Epilepsiepatient lange Jahre mit einem bestimmten Medikament anfallsfrei ist (dies könnte auch ein Generika sein), sollte er auf keinen Fall auf ein Ersatzmedikament umsteigen. Obwohl gesagt wird, dass hier derselbe Wirkstoff darin ist. Es könnte wieder zu Anfällen kommen, denn die Stoffe der Ummantelung sind verschieden. Die Folge wäre: Krankenhausaufenthalt, Untersuchungen, Blutspiegel, EEG, MRT etc. Hier wird der Kosten-Nutzen- Faktor sehr schlecht und könnte zu viel mehr Kosten führen. Wir sollten alle darauf achten, dass der Arzt beim Rezept das aut-idem (stammt aus dem Lateinischen und heißt wörtlich „oder ein Gleiches“) Zeichen ankreuzt. Nur  dann ist der Apotheker verpflichtet, dasselbe Medikament auszuhändigen. Sie sehen, hier ist der aufgeklärte mündige Bürger gefragt. Selbsthilfegruppen können hier sehr gute Hilfe leisten. Aber nach unseren Erfahrungen sind allerhöchsten 3-4% der Epileptiker in Selbsthilfegruppen, der riesengroße Rest ist nicht über diese Arzneimittelverordnung informiert und macht sich auch keine großen Gedanken, wenn er plötzlich ein anderes Medikament bekommt und dadurch wieder Anfälle bekommt. Hier sind nun die Apotheker in einer bösen Klemme, sie müssen nach Rabattvertrag das Generikum aushändigen (aber nur wenn kein aut-idem Kreuz auf dem Rezept ist). Obwohl sie wissen, dass der Patient wieder Anfälle bekommen könnte!?!
Zusätzlich werden immer wieder neue Verpackungen gemacht (hauptsächlich bei Re-Importen), was die Unsicherheit bei den Patienten noch erhöht.
Ich möchte hier kein Apotheker sein!!


Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie
Ihren Arzt oder Apotheker ??


Ich denke, dass diese Aussage doch manche Fragen offen lässt!
Aber ich möchte auf keinen Fall Schwarzmalerei betreiben, mir ist schon bewusst, dass in anderen Ländern ein noch größeres Chaos herrscht. Und der Grund liegt hier wiederum beim Geld, denn ärmere Länder können sich diese teuren Medikamente erst gar nicht leisten. Aber es fällt schon auf, dass auch in diesen Ländern die Oberschicht diese Medikamente bekommt.                                     Es ist also Realität, dass es bald nur noch Generika für den normal verdienenden Patienten gibt. In was für einer kalten Welt leben wir?                                                                                        Aber es gibt Gott sei Dank einige wenige Pharma-Firmen, die das Original Produkt weiterhin herstellen. Allerdings unter anderem Namen, aber mit dem Generika-Preis! Auch hier sollte man genau nachfragen, denn das ist nicht überall bekannt!!

 

Heute (2016) hat sich einiges geändert

und das zu Ungunsten der Patienten (denke ich jedenfalls).

Vergebene Therapiechancen für Patienten

 

*Verantwortliche im Gesundheitswesen bejubeln die kostensenkenden Erfolge des seit 2011 geltenden Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG). Eine praxisferne Anwendung dieses Gesetzes trifft jedoch in vielen Fällen nicht die Therapiebedürfnisse von Patienten. Auch die Bewertung von drei neuen Antiepileptika durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) war von rein formalem Vorgehen gekennzeichnet und geht an der Versorgungsrealität vorbei.

 

Die mehrfach angebotene Beteiligung von Fachverbänden an der Bewertung neuer Arzneimittel lehnt der G-BA kategorisch ab, darunter auch die Vorschläge der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE). Dies hat gravierende Folgen für Epilepsie-Patienten, weil der Zugang zu neuen Medikamenten erschwert wird.

Das AMNOG soll die Preise neu zugelassener Arzneimittel regulieren. Dieses Ziel begrüßt die Deutsche Gesellschaft für Epileptologie. Allerdings fordert die Fachgesellschaft im Sinne ihrer betroffenen Patienten mehr Versorgungskompetenz bei G-BA-Entscheidungen, eine kooperative und dialogorientierte Zusammenarbeit des G-BA mit den Fachgesellschaften, in denen alle Experten organisiert sind, sowie eine deutlich verbesserte Transparenz der Prozesse, die zu einer Bewertung von neuen Therapeutika führen. Das Ziel des AMNOG und der Beurteilungen durch den G-BA muss eine Preisgestaltung mit Augenmaß sein, die Patienten und Kostenträgern gleichermaßen nutzt und die nicht die Chancen von Innovationen im Keim erstickt. Die DGfE bietet dem G-BA eine Fortsetzung des begonnenen Dialogs zur Bewertung neuer Antiepileptika an.

 

Innovative Antiepileptika stehen in Deutschland nicht mehr zur Verfügung

 


Seit Einführung des AMNOG wurden drei innovative Wirkstoffe (Retigabin, Perampanel und Brivaracetam) zur Behandlung von Epilepsien neu zugelassen. Diese Substanzen weisen neue Wirkmechanismen auf und ergänzen derzeit verfügbare Antiepileptika. In Deutschland haben vom Einsatz dieser neuen Medikamente einige tausend Patienten profitiert, bei denen bisher keine der üblichen Therapien ausreichend wirkte. Einige dieser Patienten wurden nach jahrelanger Epilepsie mit häufigen schweren Anfällen erstmals anfallsfrei. Ein Leben ohne Anfälle ermöglicht diesen Menschen privat und beruflich neue Perspektiven.

Trotz Kenntnis dieses Sachverhalts hat der G-BA diesen drei Substanzen keinen Zusatznutzen zuerkannt. Zwei wurden daraufhin von den Herstellern – nur in Deutschland – vom Markt genommen.

 

Nicht beachtet: individueller Zusatznutzen, Kosteneinsparungen, psychosoziale Aspekte


„Durch das wenig pragmatische Vorgehen des G-BA wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“, 

„Epilepsie ist eine nach wie vor stigmatisierende Erkrankung mit gravierenden psychosozialen Auswirkungen für die Patienten, die besondere therapeutische Überlegungen notwendig machen“, 

„Wenn sich die Haltung des G-BA nicht ändert, wird es für mehr als 150.000 Menschen mit aktiver Epilepsie keine innovativen Behandlungsmöglichkeiten mehr geben. Die Folge sind fortbestehende Anfälle mit psychosozialen Problemen und möglichen Verletzungen“

 

Dies kommentieren führende Epilepsie-Wissenschaftler in Deutschland. Es bestehe durchaus ein individueller Zusatznutzen der neuen Antiepileptika, da Menschen von diesen Medikamenten profitieren, die zuvor mit zahlreichen anderen Arzneimitteln nicht ausreichend behandelt werden konnten. Dies werde vom G-BA jedoch aus fachlich nicht verständlichen Gründen nicht anerkannt.

Quelle: Epikurier

 

Diese Entwicklung der Medikamentenversorgung ist für uns Patienten ein herber Rückschlag. Nun müssen Patienten, die mit diesen neuen Medikamenten eine Verbesserung oder sogar Anfallsfreiheit erreichten, siich im Ausland (Schweiz etc.) diese Medis besorgen. Der zuständige Epileptologe wird meistens bei der Beschaffung hilfreich sein.

Diese Art der Medikamentenversorgung sorgt bei vielen für Unverständnis und man brauch sich nicht wundern wenn viele Leute mit Skepsis diesen Verlauf der Behandlung betrachten. Der Patient wird in seiner Not wieder andere Wege probieren und sich mehr oder weniger von der Schulmedizin verabschieden. Wir fühlen uns allein gelassen, Denn Politik, Krankenkassen und Pharmakonzerne schauen hier nur auf Rentabilität und Gewinn . Der Mensch spielt hier erst in zweiter Linie eine Rolle,  es müßte umgekehrt sein.

Ich möchte nicht verhehlen, dass diese Kritik auf hohem Niveau geschrieben ist. Aber wenn es bessere Möglichkeiten der Behandlung gibt, sollte man diese auch nutzen.

 

Ich wünsche Euch gute Gesundheit, optimale Behandlung und einen verständnisvollen Arzt,

 

Ihr

 

Dieter Schmidt

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