Spur der Erinnerung


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                                                                                                                           27.01.2021

Heute, am "Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust" (27.01.), erinnern wir an Reinhard Beyth. Geboren am 11. Februar 1923 in Berlin-Zehlendorf, kam der epilepsiekranke Junge auf Wunsch seiner Eltern 1934 nach Bethel. Hier lebte er für sechs Jahre im Haus Ophra, bis er auf Geheiß der Nationalsozialisten zunächst in eine andere Pflegeeinrichtung verlegt wurde. Wenige Tage später deportierte man ihn in die Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel, wo er noch am Tag seiner Ankunft, dem 27. September 1940, getötet wurde. An Reinhard Beyth und an alle weiteren jüdischen Patientinnen und Patienten, die in der NS-Zeit ermordet wurden, erinnern in Bethel heute Stolpersteine vor den Häusern, in denen sie gelebt haben.


Bericht im Reutlinger Generalanzeiger am 27.01.2018


Am 15.Juni 2014 besuchten wir die Gedenkstätte und ehemalige Tötungsanstalt der NS-Zeit in Grafeneck. Es war schon erschreckend und manchen ging es richtig an die "Nieren", die Vergangenheit der deutschen Geschichte aufzuarbeiten. Viele von uns wußten gar nicht, was Euthanasie bedeutet. Aber dass hier auch Epileptiker umgebracht wurden, wußten die wenigsten.

Zum Schluß tranken wir noch etwas erfrischendes in einer Gartenwirtschaft als Aufmunterung zum düsteren Erlebnis in Grafeneck.

Es war ein ereignisreicher, schöner Tag und wir waren immerhin 21 Personen.

Hier einige Bilder:


auch für Epileptiker ein wichtiges Thema.

Sechs Euthanasie-Tötungszentren wurden eingerichtet, vorwiegend in bereits genutzten psychiatrischen Kliniken:

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Euthanasie Tötungszentren.pdf
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Das Mahnmahl der grauen Busse wird alle 2 Jahre seinen Standort wechseln
Das Mahnmahl der grauen Busse wird alle 2 Jahre seinen Standort wechseln

Die Euthanasieopfer wurden in grauen Bussen in die "Ferien" gefahren

Die Opfer der Massenvernichtung wurden in den grauen Bussen u.a. nach Grafeneck gebracht. Wie es zu der großangelegten Aktion kam, lässt sich so rekonstruieren: Die Klinik Bedburg-Hau galt zu Beginn des Zweiten Weltkriegs als eine der größten des Deutschen Reichs. »Im März 1940 wurden 2 200 bis 2 500 Patienten deportiert, um Platz für ein Lazarett zu schaffen«, erläutert Dr. Marie Bill, ärztliche Direktorin in Bedburg-Hau. Der Kommission, die die Patienten selektierte, gehörten auch die Tötungsärzte von Grafeneck an, Horst Schumann und Ernst Baumhard. Einzelheiten zur Vorgehensweise bleiben im Dunkeln: Militärische Dienstanweisungen und ähnliche Dokumente wurden offenbar vernichtet.



Eine Glaswand für die Euthanasieopfer, unter Ihnen waren auch Epileptiker

Mahnmahl der Euthanasie-Opfer der NS Zeit  Hier

Bericht im Berliner Tagesspiegel


Themenbezogener Pressebericht hier

Bericht im Reutlinger GEA von den Greueltaten der NS-Zeit, in der auch Epileptiker umgebracht wurden

Bericht vom 06.03.2012 im Reutlinger GEA. Siehe > 

 

Mit freundlicher Genehmigung vom Marion Schrade (GEA)


Im Okt. 2009 nahmen wir an der Menschenkette „Spur der Erinnerung“ zum Gedenken an die Euthanasiemorde in Grafeneck in der NS-Zeit, in Bad Urach teil. In Grafeneck wurden u.a. auch Epileptiker umgebracht. Sie galten als Geisteskranke und unnötige „Mitesser“.
Hier wurde eine lila Spur (vom Planort zum Tatort) von Grafeneck bis nach Stuttgart auf die Strassen gepinselt.


„Spur der Erinnerung“ zum Gedenken an die

Euthanasiemorde in Grafeneck


Epilepsiekranke im "3. Reich"

Epilepsiekranke - verfolgt

Zur Zeit des "Dritten Reiches" wurde die "Fallsucht" auch von Medizinern (fälschlicherweise) überwiegend als eine Erbkrankheit angesehen - sei es aus "rassenhygienischer Verblendung" der Ärzte, sei es auf Grund fehlenden medizinischen Wissens.

So war z.B. der damalige Korker Anstaltsarzt der Ansicht, dass 80% der Korker Heimbewohner an "erblicher Fallsucht" litten.

   
 

Zu den besonders menschenverachtenden Vorgehensweisen der Nationalsozialisten im "Dritten Reich" gehörten "rassenhygienische Maßnahmen", zu denen auch das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" zählte, das am 14. Juli 1933 von der Reichsregierung beschlossen wurde:


Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses

§ 1
Wer erbkrank ist, kann durch chirurgischen Eingriff unfruchtbar gemacht (sterilisiert) werden, wenn nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden.

Erbkrank im Sinne dieses Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet:

 

 

1. angeborenem Schwachsinn,
2. Schizophrenie,
3. zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein,
4. erblicher Fallsucht,
5. erblichem Veits-Tanz (Huntingtonsche Chorea),
6. erblicher Blindheit,
7. erblicher Taubheit,
8. schwerer erblicher körperlicher Mißbildung.

Ferner kann unfruchtbar gemacht werden, wer an schwerem Alkoholismus leidet.


Im Jahre 1940 wurden allein in Schloß Grafeneck mehr als 10 000 behinderte Menschen ermordet - darunter waren auch viele epilepsiekranke Behinderte. Aus den Korker Anstalten wurden 1940 in 2 Transporten insgesamt 113 Epilepsiekranke nach Grafeneck gebracht und dort umgehend ermordet.

 

Quelle: Deutsches Epilepsiemuseum Kehl/Kork