Im alltäglichen Leben macht es keinen Unterschied wo der Ursprung der Anfälle liegt und man muss als Patient dieselben sozialen Belastungen verkraften.
Es gibt auch Patienten die beide Anfallsarten haben, sowohl epileptische als auch psychogene und dieser Tatsache sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Anfälle sorgen in unserem Umfeld häufig für Verunsicherung und obwohl es in unserer modernen Zeit Aufklärung und Informationen über alle nur erdenklichen Themen gibt, ist das Thema Epilepsie und Anfälle noch immer ein Tabu oder ein Thema mit unzähligen Fehlinformationen.
Man spricht nicht von der Epilepsie, sondern vielmehr von den Epilepsien. Es gibt ca. 30 verschiedene Arten der Epilepsie, wobei der große Anfall (Grand-mal) der bekannteste ist, weil er manchmal Furcht einflößt. Er ist einer von vielen Anfallsformen, aber nicht der häufigste.
Ein epileptischer Anfall ist eigentlich eine Organkrankheit (vorübergehende Funktionsstörung des Gehirns) wie jede andere Krankheit des Körpers auch.
Etwa 1% aller Menschen haben eine Epilepsie, bei denen nach der Behandlung mit Medikamenten keine oder nur wenige Anfälle auftreten (diese Zahlen gelten aber nur in den sogenannten Industrieländern). Im übrigen sind sie gesund und leistungsfähig. Durch Aufklärung über die Eigenschaften und die vielfältigen Erscheinungsformen der Epilepsie wird ein offener Umgang mit dieser Krankheit möglich. Von Epilepsie spricht man, wenn wiederholte, zumeist unprovozierte, epileptische Anfälle aufgetreten sind.
Der erste Anfall - was tun?
Der erste epileptische Anfall ist für Betroffene und Augenzeugen oft ein prägendes Ereignis. Dies gilt insbesondere für große epileptische Anfälle. (Grand-mal) Eine typische Schilderung eines Augenzeugen wäre:
“Herr XY hat plötzlich einen starren Blick bekommen, die Augen nach oben verdreht, alle Muskeln des Körpers durchgestreckt und ist umgefallen. Am Boden liegend hat
er dann mit den Armen und Beinen rhythmisch gekrampft, heftig geatmet und Schaum vor den Mund bekommen. Die Krämpfe haben etwa 2 Minuten gedauert. Auf Ansprache zeigte Herr XY danach keine
Reaktionen. Nach 5-10 Minuten stabilisierte sich sein Zustand, reagierte aber nicht der Situation entsprechend. Allmählich kam er wieder zur Orientierung. Er war sehr müde und abgeschlagen. Am
Folgetag hatte er Muskelkater und ein seitlicher Zungenbiss tat weh. Auch Prellmarken und Hautabschürfungen traten auf.“
Bei der Schilderung handelt es sich um einen generalisierten tonisch-klonischen Anfall, einen sogenannten Grand-mal-Anfall. Dieses ist der eindrucksvollste, für Außenstehende
teilweise furchterregende Anfallstyp. Längst nicht alle epileptischen Anfälle verlaufen aber so.
Eine andere Schilderung wäre:
“Mein Kind befindet sich im 2. Schuljahr. Mehrmals am Tag schaut es starr in die Luft und bewegt die Augenlider. In dieser Zeit ist es nicht ansprechbar. Nach
wenigen Sekunden ist alles wieder normal und es setzt die angefangenen Tätigkeiten fort.“
Bei dieser Schilderung handelt es sich um Absencen. Absencen sind
ebenfalls generalisierte Anfälle im Gehirn. Außer Lid- und Augenwinkelzuckungen oder gelegentlich kleineren Zuckungen in den Fingerspitzen ist äußerlich jedoch nichts zu beobachten. Die Anfälle
werden von den Kindern meistens nicht registriert und von ihren Eltern häufig zunächst als Konzentrationsstörungen abgetan. Als "Täumerle" werden solche Kinder auch bezeichnet.
Eine dritte Schilderung eines Anfallsereignisses lautete so:
“Meine Frau stand neben mir, als sie plötzlich sagte, dass ihr schwarz vor den Augen werde. Sie sackte in sich zusammen und lag 5 Sekunden ohnmächtig am Boden ohne sich zu bewegen. Auf Ansprache reagierte sie plötzlich sofort, wusste sofort wo sie war, stand auf und alles war wieder wie vorher.“
Bei dieser Schilderung eines Anfallsereignisses handelt es sich am ehesten um eine Ohnmacht oder Kreislaufschwäche. Dies ist keine Erkrankung des Gehirns.
Die obigen drei Schilderungen von Anfallsereignissen zeigen, dass es schwierig sein kann, ein Anfallsereignis auch tatsächlich als epileptischen Anfall einzuordnen. Die erforderlichen Untersuchungen und die Behandlung sind jedoch sehr unterschiedlich. Es ist von daher dringend erforderlich, einen Facharzt, einen Neurologen oder besser einen Epileptologen aufzusuchen. Da Betroffene während des Anfalls häufig bewusstseinsgestört sind und nichts über den Verlauf ihres Anfalles sagen können, ist es notwendig, einen Augenzeugen zur Untersuchung mitzubringen, falls es diesen gibt. Es wird dann zunächst die Frage geklärt, ob ein epileptischer Anfall aufgetreten ist und ob eine Epilepsie vorliegt..
Dieter Schmidt
EINTEILUNG DER ANFALLSFORMEN
Es gibt viele Formen epileptischer Anfälle. Manche sehen bedrohlich aus, andere sind so kurz und harmlos, dass sie oft jahrelang überhaupt nicht erkannt werden.
Zurückgehend auf französische Patienten des 19. Jahrhunderts wurde lange Zeit nur zwischen grossen und kleinen Anfällen unterschieden (französisch: «Grand mal» = «grosses Übel» für die grossen
und «Petit mal» oder «kleines Übel» für die kleinen Anfälle). Ein moderneres Einteilungsschema für die wichtigsten Anfallsformen bei Jugendlichen und Erwachsenen ermöglicht eine weitere
Unterteilung von Petit mal- und Grand mal-Anfällen. Hier führen wir grob verschiedenste Anfallsarten auf. Da dies aber keine medizinische Website ist und wir keine Mediziner sind, hat uns der
renommierte Facharzt Dr. Günter Krämer seine Informationsseiten zur Verfügung gestellt:
Was sind nichtepileptische-Dissoziative
Anfälle?
Nichtepileptische Anfälle (NEA) sind unbeabsichtigte Zwischenfälle, bei denen die Betroffenen vorübergehend die Kontrolle über ihren Körper verlieren. Im Gegen-satz zu epileptischen Anfällen liegt NEA keine abnorme elektrische Entladung von Nervenzellen im Gehirn zugrunde, die sich mittels Elektroenzephalogramm nach-weisen liesse. Dennoch werden sie häufig mit epileptischen Anfällen verwechselt. Bei einem kleinen Teil der Betroffenen können sogar beide Formen nebeneinander auftreten. NEA lassen sich einteilen in physiologische Anfälle (d.h. mit körperlichen Ursachen) und psychogene Anfälle (d.h. mit einem psychologischen Hintergrund). Beide Beschwerdebilder sind den Ärzten vertraut, beide verursachen Leiden, beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen wie ihrer Umgebung und er-fordern eine angemessene Diagnostik und Behandlung.
Was kann nichtepileptische Anfälle auslösen? Physiologische NEA können durch diverse Zustände ausgelöst werden; es seien hier einige Möglichkeiten erwähnt: Synkopen (vorübergehende Verringerung der Blutversorgung im Hirn, zum Beispiel nach einem Blutdruckabfall oder einer Herzrhythmusstörung); neurologische Erkrankungen wie Bewegungsstörungen im Rahmen neurodegenerativer Krankheiten oder Muskelzittern (Tremor); Migräneanfälle, die sich mit einer „Aura“ ankündigen; oder Hyperventilation, also be-schleunigte Atmung (auch „tetanische Anfälle“). Die letztgenannte Ursache muss zwischen den beiden NEA-Kategorien eingeordnet werden, da fast immer eine psychische Komponente vorliegt.Psychogene Anfälle hingegen können durch einen Stressfaktor oder ein Trauma verursacht werden, das kurz oder auch sehr lange zurückliegt (z. B. ein Unfall, der Verlust eines nahestehenden Menschen, eine Trennung, körperlicher oder sexueller Missbrauch usw.). Häufig ist das Trauma dem/der Betroffenen nicht einmal bewusst, weil es ins Unterbewusstsein verdrängt wurde. Diese innere Spannung führt zu klinischen Symptomen in Form eines Kontrollverlusts über die Körperfunktionen. Aus diesem Grund spricht man hier auch von „funktionellen Störungen“. Aufgrund der körperlichen Anzeichen werden psychogene Anfälle auch „somato-form“ genannt (von griechisch „soma“ = Körper); eine weitere Bezeichnung lautet „dissoziative Anfälle“, da der oder die Betroffene während der Anfälle häufig von der Realität losgelöst („dissoziiert“) ist. Es muss an dieser Stelle unbedingt betont werden, dass Betroffene mit psychogenen NEA ihre Anfälle nicht bewusst erleben: sie „simulieren“ die Erkrankungsanzeichen also nicht.
Wie äussern sich nichtepileptische Anfälle? Physiologische NEA zeichnen sich je nach Fall durch einen abrupten Bewusstseinsverlust aus, dem manchmal Symptome einer Minderdurchblutung des Gehirns vorangehen. Merkmale von Synkopen sind Benommenheit, Unwohlsein, Übelkeit, Schwitzen, schwarzer Schleier vor den Augen und entfernte Wahrnehmung von Geräuschen. Neurologische Erkrankungen mit abnormen Bewegungen machen sich durch Zittern oder vorübergehende gespannte Muskelkontraktionen bemerk-bar. Migräne äussert sich mit pulsierenden Kopfschmerzen und vorangehenden Sehstörungen, Empfindungsstörungen oder Sprachstörungen, Hyperventilationdurch Kribbeln und Schüttelfrost mit Handkrämpfen.Psychogene NEA können sich auf sehr unterschiedliche Weise äussern, nehmen bei denselben Betroffenen jedoch häufig relativ ähnliche Formen an. Man unter-scheidet drei grosse Gruppen: „Krämpfe“, „Stürze und/oder Kräfteverlust ohne Krämpfe“ und „Kontaktverluste ohne Sturz“. Die Dauer reicht von einigen Sekunden bis zu mehreren Stunden.
Wer kann betroffen sein? Menschen jeden Alters können von NEA betroffen sein. Psychogene NEA finden sich häufiger bei jungen Frauen, sie können aber genauso bei einem älteren Mann auftreten.
Für die Diagnose von NEA ist häufig eine neurologische Untersuchung
erforderlich. Physiologische Formen lassen sich in der Regel durch eine sehr ausführliche Krankengeschichte (Anamnese) in Verbindung mit einer klinischen Untersuchung
diagnostizieren. Je nach Einzelfall können auch eine Bildgebung des
Gehirns und Labortests angezeigt sein, ebenso eine
Herzuntersuchung. Psychogene NEA werden ebenfalls nach einer sehr detaillierten Anamnese in Ver-bindung mit einer klinischen Untersuchung diagnostiziert; zusätzlich wird
eine typische Episode mit dem Elektroenzephalogramm und auf Video
aufgezeichnet. Bei diesem schmerzfreien Verfahren versucht man
häufig, einen Anfall zu provo-zieren (z. B. durch
Hyperventilation oder mit Lichtblitzen). So lässt sich gleichzei-tig die Möglichkeit begleitender epileptischer Anfälle ausschliessen.
Schliesslich sollte auch die Meinung eines Psychiaters eingeholt
werden. Behandlung Ohne angemessene Behandlung treten NEA meist erneut auf oder werden gar
chronisch. Es ist daher von zentraler Bedeutung, eine sichere Diagnose
stellen zu können. Nicht zweckmässig wäre es, unterschiedslos
Antiepileptika zu verschrei-ben, da diese Medikamente bei NEA
grundsätzlich nicht wirken. Die Betroffenen müssten also nur die
Nebenwirkungen ertragen, ohne aus dem Medikament einen Nutzen zu
ziehen.Während die Diagnose von physiologischen NEA und die damit verbundene Be-handlung (die sich nach der Grunderkrankung richtet) häufig zu einer
Erleichte-rung bei den Betroffenen führt, kann die Diagnose
von psychogenen NEA eine Reihe von Emotionen wecken. Das gilt vor allem dann, wenn zuvor epileptische
Anfälle diagnostiziert wurden. Es muss betont werden, dass eine solche Diagnose ganz und gar nicht besagt,
dass die Betroffenen an einer „Geisteskrankheit“ leiden. Eine
NEA-Diagnose bedeutet, dass die Ärzte sich des Leidens bewusst
sind und alle Hebel in Bewegung setzen, um die/den Betroffene/n
zu helfen. Die Diagnose eines psychogenen Anfallsleidens annehmen
zu können, gehört zu den Grundvoraussetzungen für eine wirksame
Behandlung.Folgende einfache allgemeine Massnahmen sollten bei
einem Anfall getroffen werden:• Schützen der Betroffenen vor Stürzen oder Gefahren in der Umgebung (Strasse
usw.).• Beruhigen der Betroffenen; während des Anfalls und der Erholungsphase bei
ihnen bleiben.• Unkontrollierte Bewegungen nicht einschränken, da sie dadurch verstärkt
werden können. • Nichts in den Mund schieben.• Im Fall eines Kontaktverlusts nach dem Anfall die Betroffenen in die stabile
Seitenlage bringen.Die spezielle Behandlung von psychogenen NEA umfasst zumindest am Anfang eine kombinierte neurologische und psychiatrische Behandlung. Dabei gibt es
von Fall zu Fall unterschiedliche Ansätze, die von den Therapeuten
gemeinsam der Situation entsprechend festgelegt werden. Es sei
daran erinnert, dass es bei bekannten psychogenen NEA nicht
erforderlich ist, bei einem Anfall in der Not- aufnahme
vorstellig zu werden; es reicht aus, den Therapeuten in der Folge zu informieren.
Gelegenheitsanfälle
Von einer Epilepsie spricht man erst, wenn mindestens zwei Anfälle, ohne erkennbaren Grund (Auslöser), im Abstand von mindestens 24 Stunden aufgetreten sind. Davor spricht man von Gelegenheitsanfällen, die ca. 10x häufiger vorkommen als epileptische Anfälle und viele Gründe haben können.
Generalisierte Anfälle
Primär heisst von Anfang an, zu Beginn oder ursprünglich. Bei primär oder von Anfang an generalisierten Anfällen sind beide Hälften des Gehirns schon zu Beginn am Anfallsgeschehen beteiligt. Dies
drückt sich in Anfallszeichen auf beiden Körperseiten, beidseitigen EEG-Veränderungen und einem Bewusstseinsverlust aus. Sekundär oder erst im weiteren Ablauf generalisierte Anfälle entwickeln
sich aus fokalen Anfällen, die zunächst nur einen Teil
einer Gehirnhälfte betreffen. Die wichtigsten Formen primär generalisierter epileptischer Anfälle bei Jugendlichen und Erwachsenen sind Absencen, myoklonische Anfälle und primär generalisierte
tonisch-klonische Anfälle (Aufwach-Grand mal-Anfälle).
Absencen
Absencen sind Anfälle mit einer im Vordergrund stehenden, wenige Sekunden anhaltenden «Abwesenheit» ohne wesentliche sonstige Zeichen, währendder die Betroffenen nicht ansprechbar sind und für
die sie hinterher eine Erinnerungslücke (= Amnesie) haben. Absencen beginnen und enden plötzlich, die jeweilige Tätigkeit wird schlagartig für 10 bis 20 Sekunden
unterbrochen und hinterher genauso schlagartig wieder aufgenommen, in der Regel so, als ob nichts passiert wäre. Absencen sind bei Kindern häufigerals bei Erwachsenen.
Myoklonische Anfälle
Myoklonien sind plötzliche, «einschiessende» und kurze Zuckungen meist umschriebener Muskelgruppen des Körpers mit einem dadurch bewirkten Bewegungseffekt, meist ohne Bewusstseinsstörung. Manche
myoklonische Anfälle betreffen nur die Schulter- und Armmuskulatur, was beispielsweise zu einem «Schleudern» der Arme führt; bei anderen Formen können alle
Muskeln beteiligt sein. Die Stärke kann sehr unterschiedlich sein und sowohl mit einem Hinstürzen als auch mit einem «Wegwerfen» von in den Händen gehaltenen Gegenständen einhergehen.
Myoklonische Anfälle können in jedem Lebensalter vorkommen.
Primär generalisierte tonisch-klonische Anfälle
Primär generalisierte tonisch-klonische Anfälle treten sofort, aus «heiterem Himmel» auf, ohne dass sie sich aus anderen Anfallsformen heraus entwickeln. Die Anfälle zeigen oft zumindest
anfänglich eine deutliche tageszeitliche Bindung mit bevorzugtem Auftreten in den ersten ein bis zwei Stunden nach dem Aufwachen, weshalb auch von Aufwach-Grand mal-Anfällen
oder Aufwach-Grand mal-Epilepsien gesprochen wird. Oft findet sich ein zweiter Häufigkeitsgipfel am Spätnachmittag oder in den frühen Abendstunden.
Fokale Anfälle
Fokale Anfälle beginnen in einem umschriebenen Abschnitt des Gehirns, zum Beispiel in einem Teil eines Schläfenlappens oder im Stirnlappen undbleiben zum Teil auch auf diesen Abschnitt
beschränkt. Das bedeutet, dass die Aktivität der Nervenzellen in den anderen Gehirnteilen während eines solchen Anfalls ungestört bleibt. Fokale Anfälle werden auch als «Herdanfälle
» bezeichnet. Die wichtigsten Formen fokaler Anfälle bei Jugendlichen und Erwachsenen sind solche ohne und mit Bewusstseinsstörung sowie fokal eingeleitete, sekundär generalisierte
tonisch-klonische Anfälle
Fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung
Fokale Anfälle mit Bewusstseinsstörung (auch als komplexe fokale oder psychomotorische Anfälle bezeichnet) gehen zwar mit einer Bewusstseinsstörung einher, ohne dass es aber wie bei
generalisierten tonisch-klonischen Anfällen zu einem auch für Unbeteiligte leicht erkennbaren, Koma ähnlichen Zustand kommt. Die Betroffenen haben zwar meist eine teilweise oder völlige
Erinnerungslücke für den Anfall, sie fallen aber dennoch bei dem Anfall nicht um, sondern verhalten sich so, dass Fremde unter Umständen überhaupt nichts merken. Man spricht auch von einer
«Einengung» des Bewusstseins oder einer «Umdämmerung». In der älteren Benennung als
«psycho-motorische» Anfälle kommt die Kombination psychischer und motorischer
Auffälligkeiten gut zum Ausdruck. Manchmal werden zwei Formen fokaler Anfälle mit Bewusstseinsstörung unterschieden. Bei der ersten Form besteht die Bewusstseinsstörung von
Beginn des Anfalls an, bei der zweiten Form kommt es zunächst zu einem fokalen Anfall ohne Bewusstseinsstörung in Form einer Aura, oft mit einem von der Magengrube aufsteigenden eigenartigen
Wärme- und Übelkeitsgefühl und erst dann zu einer Bewusstseinsstörung. In dieser Zeit wirken die Betroffenen abwesend entrückt, losgelöst ohne normalen Kontakt, wie in Trance oder im Traum.
Bei beiden Formen kommt es oft zu als Automatismen bezeichneten, quasi automatisch ablaufenden Bewegungen und Verhaltensweisen. Diese können das Gesicht oder die Arme betreffen (Blinzeln, Schmatzen, Lecken der Lippen, Kauen, Schlucken, «Nesteln» an der Kleidung oder an Knöpfen beziehungsweise Reiben mit den Händen über die Kleidung oder die Oberschenkel etc.), und es kann auch zu komplizierteren Bewegungsabläufen wie einem Herumlaufen, Aus- und Ankleiden oder Verrücken von Möbelstücken kommen. Am Ende eines fokalen Anfalls mit Bewusstseinsstörung steht eine langsame Reorientierung, während der die Betroffenen noch nicht wissen, wo sie gerade sind noch was sie machen.
Primär fokale, sekundär generalisierte tonisch-klonische (Grand mal-)Anfälle
Sekundär heisst nachfolgend, in zweiter Linie; entsprechend sind sekundär generalisierte tonisch-klonische Anfälle solche, die sich aus anderen Anfällen entwickeln. Dabei kann es sich um fokale
Anfälle ohne oder mit Bewusstseinsstörung handeln, und es kann auch vorkommen, dass als
Zwischenstufe nach einem fokalen Anfall ohne Bewusstseinsstörung ein solcher mit Bewusstseinsstörung auftritt, bevor es zur Generalisierung kommt. Sekundär generalisierte tonisch-klonische
Anfälle treten häufiger nachts (= Schlaf-Grand mal-Anfälle) oder auch ohne erkennbare Bindung an den Schlaf-Wach-Rhythmus (= diffuse Grand mal-Anfälle) auf. Wenn ein sekundär generalisierter
Anfall im Wachzustand mit einem fokalen Anfall ohne Bewusstseinsstörung beginnt, kann hinterher aus den Empfindungen und Schilderungen der Betroffenen auf den Ausgangspunkt des Anfalls im Gehirn
geschlossen werden. Bei fokalen Anfällen mit sofortiger Bewusstseinsstörung und bei im Schlaf auftretenden Anfällen ist dieser
Rückschluss oft nicht möglich. Bei rascher Generalisierung können dann auch Partner meist nichts von einem fokalen Anfallsbeginn berichten.
Status-Epilepticus
Als Status epilepticus werden länger als eine halbe Stunde anhaltende einzelne epileptische Anfälle oder mehrere, rasch aufeinander folgende Anfälle bezeichnet, bei denen es zwischenzeitlich
nicht zu einer Erholung kommt. Wie bei sonstigen epileptischen Anfällen gibt es epileptische Staten mit und ohne «Krampfen» (= «konvulsiver» und «nichtkonvulsiver» Status)
und solche mit und ohne Bewusstseinsverlust (siehe Flyer «Was ist ein Status epilepticus?»).
Die Rolando-Epilepsie, rolandische Epilepsie oder gutartige Epilepsie im Kindesalter mit zentrotemporalen Spikes (abgekürzt BCECTS, von englisch benign childhood epilepsy with centrotemporal spikes) ist die häufigste Epilepsieform im Kindesalter.
Epilepsie kann jeden treffen
Mindestens fünf Prozent der Menschen erleiden in ihrem Leben einen epileptischen Anfall. Knapp ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe ihres Lebens an Epilepsie.
Verfasser:
Dr. med. Günter Krämer
Präsident der Schweizer Epilepsie-Liga
Es ist immer sinnvoll gute Informationen über seine Krankheit zu haben. Eine wertvolle Hilfe bieten hier Fachbücher, die idealerweise nicht nur umfangreich, sondern auch gut Laienverständlich sind. Hier finden Sie alle, von Lesern getesteten, Bücher.
Vor allem ist aber die richtige Diagnose unabdingbar um die beste Behandlung zu erhalten.
Ist man nach einem Jahr Behandlung noch nicht anfallsfrei, sollte man einen Spezialisten zu Rate ziehen.